Personalmangel in der Hotellerie: Der Abschied von gewohnten Standards…

Die Bar ist geschlossen, das Restaurant dicht, der Room-Service eingeschränkt und bei der Beantwortung von Tagungsanfragen herrschen wieder Zustände wie zu Beginn der 2000er Jahre. Müssen wir uns daran gewöhnen? Wo sind die Leute? Und wie kommt die Hotellerie aus der Misere heraus? Gedanken von Profis zu einer Lage, die sich wohl so schnell nicht ändern wird….

Denn die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen stehen anhaltend auf Sturm.  Die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge sind bereits im vorgezogenen Ruhestand oder gehen demnächst offiziell in Rente. Ohne Zuwanderung und steigende Erwerbsquoten würde die Demografie die Zahl der Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, bis zum Jahr 2035 um mehr als sieben Millionen sinken lassen! Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Betrachtet man die jetzt schon dramatische Personallage in der Hotellerie, dann ahnt selbst der größte Optimist wenig Gutes.

Die Erwerbsquote von Frauen zu erhöhen, die Arbeitsbereitschaft der über 60jährigen anzuheben, die Anhebung von Wunscharbeitszeit und eine starke Zuwanderung gelten als mögliche Rezepte. Bei der erhofften „starken Zuwanderung“ muss zusätzlich die Bleibewilligkeit der bereits hier lebenden Ausländer erhöht werden. Selbst wenn man mit diesen Strategien, wo allzu häufig der Wunsch der Vater der Gedanken ist, zu 100% erfolgreich wäre, bliebe immer noch eine Personaldeckungslücke von über zwei Millionen. Und die anderen fünf Millionen – wollen die in die Hotellerie, haben die immer noch die gerne und häufig zitierte „Freude an der Arbeit am Gast“, wo sie doch andernorts von Home-Office, 35-Stunden-Woche und satteren Gehältern mit Nebengeräuschen träumen dürfen? Warum glauben viele Branchenakteure immer noch, dass die Freude an der Arbeit am Gast ein tragfähiges Asset beim Recruiting ist?

Wird der bestenfalls verbleibende Kuchen von fünf Millionen neuen von insgesamt sieben Millionen benötigten Arbeitskräften das Personalproblem in der Hotellerie lösen können?  Oder müssen wir uns endgültig von der Utopie verabschieden, man könnte ein Hotel morgen noch oder wieder so führen wie bisher? Wird, ja muss die Hotellerie die Schlacht an der Recruiting-Front verlieren und warum?

Wie Umfragen zeigen, sind gut bekannte Killerviren am Werk: schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, fehlende Wertschätzung, unmotivierte Kolleg:innen, nicht vorhandene Karrierechancen und vor allem - eine schlechte Work-Life-Balance!

Immer mehr Bürokratie und ein schlechtes Arbeitsumfeld

Branchen-Insider Marco Nussbaum (Gründer der innovativen Marke prizeotel und deren langjähriger CEO sowie Vorstand im IHA Hotelverband Deutschland e.V und Präsidiumsmitglied im DEHOGA Bundesverband) ist ausgewiesener HR-Profi, engagierter Befürworter flacher Hierarchien und macht sich seit vielen Jahren stark für das Motto „People before Profit!“. Er ist skeptisch:

„Der Fachkräftemangel hat auch etwas mit der Qualität des Arbeitsplatzes zu tun.

Wir arbeiten in der Hotellerie schon lange für die internen Prozesse und nicht mehr für den Gast. Und diese Prozesse blasen wir ohne Ende so auf, dass niemand mehr Bock hat! Wer will sich das alles antun? Als Hotel-Führungskraft habe ich die Aufgabe, motivierten Leuten ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das sie nicht demotiviert und in Bürokratie erstickt! “

Die Strukturprobleme zeichnen sich seit Jahren ab und sind durch zwei Jahre Corona fast überall eskaliert. Aber in welchem Zauber-Zylinder sind die Arbeitskräfte verschwunden?

Das statistische Bundesamt weist nach, dass Deutschland in 2021 mit 33,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 400.000 mehr Arbeitnehmer:innen beschäftigt hatte als 2019. Die Leute sind nicht weg, sie wandern. Schneller und vor allem in komfortablere Arbeitsmodelle. Ist die Branche überdurchschnittlich hart betroffen und warum?

Abwanderung wegen Dauerstress und niedrigen Löhnen

Nussbaum: „Wir haben bei uns Menschen, die woanders mit Kusshand genommen werden, die dort ein besseres Arbeitsumfeld finden und bessere Bezahlung. Küchenchefs arbeiten im Lager von Amazon oder in Krankenhäusern, F & B Mitarbeiter bei der Bahn, ehemalige Rezeptionistinnen beim Empfang in Steuerberatungskanzleien, wo sie fast das Doppelte verdienen bei einer 35 Stunden-Woche und etliche ehemalige Hotelmitarbeiter sitzen bequem im Home Office und vereinbaren dort bestens Familie und Beruf. Was wollen wir denn von den Leuten? Abitur, zwei Fremdsprachen, gepflegte Umgangsformen und das für 1.800,- Euro brutto im Monat?

Es ist ein Unding, wenn Unternehmensmodelle auf dem Rücken der Mitarbeiter aufgebaut sind und keine ordentlichen Gehälter bezahlt werden können. Bei der Kostenstruktur hängen die Personalkosten immer ganz hinten. Das ist nicht richtig.  Da müssen die schwarzen Schafe endlich aussortiert werden!“

Nussbaum ist bekannt für seine Mitgliedschaft im Verein für klare Aussprache. Er redet sich in Rage, spricht von mangelnder Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern, überbordender Bürokratie bei Menschen, die eigentlich mit Freude am Gast arbeiten wollten und Führungsversagen. Aber er sagt auch: „Wir haben immer noch eine spannende Branche und überall da, wo die Unternehmenskultur stimmt, da bekommt man auch Leute. Vor allem, weil gerade in der Hotellerie den gut ausgebildeten Leuten die ganze Welt offensteht! Das können Büro- und Industriekaufleute nun einmal nicht von sich sagen.  Und wir haben echte Erfolgs-Stories in der Hotellerie. Trotz aller Probleme. Das wird viel zu wenig herausgestellt!“

Hotels verlieren Umsatz durch ineffiziente Bankettabteilungen

Offenbar gibt es im Beherbergungsgeschäft einen Berg von Problemen, der sich nicht so schnell und vor allem nicht überall abarbeiten lässt. Auch der Verband der Veranstaltungsorganisatoren e.V. kann ein Lied davon singen. Der VDVO ist Partner des Hotelverbandes IHA und berichtet, wie Mitglieder immer wieder beklagen, dass auf Tagungsanfragen erst nach Tagen reagiert wird, Rückfragen ins Leere laufen und kompetente Ansprechpartner in den Bankettabteilungen an allen Ecken und Enden fehlen. VDVO-Vorstandsvorsitzender Bernd Fritzges sitzt als Unternehmer und Geschäftsführer von MICE DESK an einer wichtigen Schnittstelle der Problemlösung. Denn wo viele Prozesse mit hausinternem Personal nicht mehr Ziel führend abgebildet werden können, kommt immer das Thema Outsourcing ins Spiel.

Es verbessert die Arbeit im MICE-Markt durch Experten, die bereits Zugang zu den neuesten Technologien haben und mit aktuellen Fähigkeiten, Daten und fundierten Marktkenntnissen ausgestattet sind. Das ist deutlich mehr, als so manches Hotel mit schlecht angelernten oder umfunktionierten „Fach“-Kräften in die immer härter werdende Schlacht um den Tagungskunden werfen kann!

Fritzges ist mit seiner Firma MICE DESK im Bereich des Outsourcings von Hoteldienstleistungen aktiv und zwar ganz gezielt an einer besonders kritischen Sollbruchstelle: Der Bearbeitung von Anfragen im Veranstaltungssektor.

Er nimmt speziell die Tagungshotels in den Blick und sieht sie in einer schwierigen Zangenbewegung zwischen Personalnot und Aufrechterhaltung der Servicequalität am Gast und spitzt zu: „Kein Restaurant mehr? Die Bar zu? Na, dann gehe ich doch gleich ins besser ausgestattete Apartment! Und bei bürokratischen Problemen mit der Bearbeitung meiner Tagungsraum-Anfrage ist die Konsequenz ebenso klar: Ich gehe mit meiner Gruppe in eines der Design-Offices und habe dort für das Veranstaltungsgeschäft rundum optimierte Prozesse!“

Effizientere Bearbeitung von Tagungsanfragen durch Outsourcing

Der erfahrene Veranstaltungsplaner Fritzges beschreibt, dass die Idee rund um MICE DESK entstanden sei, weil er 2021 exakt 1.845 Meetings platziert hatte, hybride und kokreative, die aber zu einem großen Teil nicht in die Tagungshotellerie gegangen sind. Warum? Weil in den Veranstaltungsabteilungen überall Kurzarbeit gefahren wurde und es damit offenbar kaum Möglichkeiten gab, zeitnah vernünftige Angebote zu schreiben! Mit seiner Firma MICE DESK garantiert er Hotelpartnern nun eine Angebotsbearbeitung innerhalb von sechs Stunden und qualifizierte Betreuung von der Anfrage über die Vertragsgestaltung bis hin zur Übergabe in die Operations.

Das rechnet sich offenbar für viele Tagungshotels. Insbesondere, weil sie sich auf ein routiniertes Onboarding verlassen können und einen festen Ansprechpartner, der die Dinge wie ein eigener Hotelmitarbeiter (und nicht selten besser!) so abwickelt, dass angeblich keine Reibungsverluste auftauchen.

„Administrative Aufgaben im Bankettverkauf können sehr erfolgreich ausgelagert werden. Wir sind da im letzten halben Jahr auf viele tolle Hotels gestoßen, die diese Unterstützung gebrauchen können und schätzen. Wir bieten ihnen maßgeschneiderte Pakete für die komplette Übernahme der Abteilung an, in denen die Komplexität der Dienstleistung frei definiert werden kann.“

Fritzges ist im Bereich Outsourcing von Hoteldienstleistungen allerdings beileibe nicht der einzige Anbieter. Warum glaubt er, einen USP gegenüber seinen Mitbewerbern zu haben?

„Gerade im Veranstaltungsbereich benötigt man viel Erfahrung. Neben der Kompetenz in der ganzen Landschaft der Hotelsysteme wie PMS und Revenue-Management muss man das Spezialwissen haben über die besonderen und sich ständig wandelnden Anforderungen im Bereich der Veranstaltungsnachfrage. Dafür sind meine Mitarbeiter perfekt ausgebildet, meistens sogar besser, als eine angelernte inhouse-Kraft.“

Bernd Fritzges ist fest davon überzeugt, dass das Outsourcing im Veranstaltungsbereich eine gute Zukunft hat und Dinge so gut abbilden kann, wie sie in anderen Branchen schon seit Jahren Gang und Gäbe sind. „Das ist ein Unternehmensbereich bei uns, der im Moment stark wächst!“

Neben der Auslagerung von klassischen Hotelbuchungsleistungen sind weitere Bereiche denkbar, in denen Hotels die eigene Personalnot zumindest auf Zeit kostengünstig auslagern können. Das ist bereits beim Thema Wäscherei geschehen und vielerorts auch bei Marketing und Room Service. Warum nicht in naher Zukunft auch beim Catering? Was auch immer getan werden kann – es gilt eine Kernkritik von Marco Nussbaum: „Vor allem NATO muss ein Ende haben!“  Das bedeutet „No Action, Talk Only“. Es wird zu viel geredet und zu wenig gehandelt. Aber darüber an anderer Stelle mehr….

Bildquelle: Bernd Fritzges und Team

 

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